Trotz der Harmonisierung des Markenrechts in Europa in den letzten Jahrzehnten sind im Bereich der Marken erhebliche Unterschiede zwischen dem britischen und dem deutschen Recht zu beachten. Der folgende Artikel befasst sich mit einigen der wichtigsten Unterschiede aus deutscher Sicht.

  1. Widerspruchsverfahren nach Markeneintragung

    Im Gegensatz zum britischen Widerspruchsverfahren wird das deutsche Widerspruchsverfahren nach der Eintragung einer Marke durchgeführt. Dies hat zwei wesentliche Konsequenzen.

    Erstens kann ein Widersprechender die Eintragung nicht durch Einlegen eines Widerspruchs verzögern. Nach Abschluss der Prüfung durch das Deutsche Patent- und Markenamt und der Veröffentlichung der Eintragung verfügt der Anmelder über eine gültige Marke, mit der der Inhaber gegen Dritte vorgehen kann. Dieser Vorteil kann eine deutsche Markenanmeldung attraktiver machen als eine EU-Markenanmeldung, deren Eintragung, wie im Falle der britischen Marken, von der Zurückweisung eines Widerspruchs vor der Eintragung abhängen kann.

    Die zweite Folge ist, dass der Beginn der fünfjährigen Benutzungsschonfrist nicht ab dem Tag der Eintragung der deutschen Marke berechnet wird, sondern ab dem Ablauf der dreimonatigen Widerspruchsfrist (sofern kein Widerspruch erhoben wurde). Wurde ein Widerspruch eingelegt, verschiebt sich der Beginn der Benutzungsschonfrist auf den Tag, an dem das Widerspruchsverfahren endgültig abgeschlossen wird. Da sich Widerspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sowie vor dem Bundespatentgericht über viele Jahre hinziehen können, kann es sein, dass eine deutsche Markeneintragung acht, zehn oder noch mehr Jahre lang nicht dem Benutzungszwang unterliegt. Ein prominentes Beispiel ist die deutsche Markeneintragung Nr. 30 310 673 Pelikan, die im Jahr 2003 eingetragen wurde. Aufgrund eines seit 2003 anhängigen Widerspruchs kann die Marke jedoch derzeit nicht wegen Nichtbenutzung angefochten werden, obwohl sie bereits vor 20 Jahren eingetragen wurde.


  2. Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung

    Es gibt drei wesentliche Unterschiede bei Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen nach deutschem Recht. Erstens gibt es keine Rechtsgrundlage für die Abgabe einer Unterlassungserklärung, wenn ein Anmelder die angefochtene Markenanmeldung zurücknimmt und keine Benutzung des beanstandeten Zeichens aufgenommen hatte.

    Zweitens muss, wenn der Inhaber der jüngeren Marke diese tatsächlich benutzt hat, die Unterlassungsverpflichtung mit einer Verpflichtung einhergehen, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen, um den gesetzlichen Unterlassungsanspruch des Markeninhabers zu erfüllen. Die bloße Verpflichtung, das streitgegenständliche Zeichen in Zukunft nicht mehr zu benutzen, reicht nach deutschem Recht nicht aus, da die Verletzung dieser Verpflichtung keine schwerwiegenden Folgen für den Verpflichteten hätte. In vielen Fällen wird die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000 EUR als angemessene Vertragsstrafe für einen ersten Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung angesehen.

    Schließlich schließt die Verpflichtung zur Unterlassung der Benutzung eines Zeichens implizit regelmäßig die Verpflichtung ein, mit dem Zeichen versehene Produkte aus den Vertriebskanälen zurückzurufen.  Dies bedeutet, dass der Unterzeichner einer Unterlassungserklärung in den meisten Fällen verpflichtet ist, seine Händler und sogar deren direkte und indirekte Vertriebshändler zu kontaktieren, um die Produkte zurückzurufen. Es versteht sich von selbst, dass ein solcher Rückruf in den meisten Fällen nicht nur erhebliche finanzielle Mittel erfordert, da die Ausgaben des Handelspartners und der gezahlte Kaufpreis erstattet werden müssen, sondern dass ein solcher Rückruf auch die Geschäftsbeziehung zwischen Lieferant und Händler anchhaltig negativ beeinflussen kann.


  3. Keine Domainübertragung

    Nach deutschem Markenrecht gibt es keine gesetzliche Grundlage, die Übertragung eines Domainnamens zu verlangen, wenn die Nutzung der Domain eine fremde Marke verletzt hat. Darüber hinaus kann die Freigabe einer Domain nur dann verlangt werden, wenn die Domain das Namensrecht eines Unternehmens oder einer Person verletzt. Wenn also die Domain einem markenrechtlich geschützten Zeichen ähnlich ist, dieses Zeichen aber nicht der Name des Unternehmens oder der Person ist, die Inhaber der Marke ist, kann nur verlangt werden, dass die Domain nicht mehr in verletzender Weise für ähnliche Waren oder Dienstleistungen und/oder ggf. in einer den Ruf der älteren Marke schädigenden Weise benutzt wird. Unabhängig vom deutschen Recht können jedoch alternative Domainstreitverfahren wie das UDRP-Verfahren zur Verfügung stehen, die eine Übertragung der Domain ermöglichen. Es lohnt sich daher zu prüfen, ob das Ziel, eine verletzende Domain auf den Inhaber einer älteren Marke übertragen zu lassen, auf diesem Weg erreicht werden kann.


  4. Unternehmenskennzeichen

    Das deutsche Recht unterscheidet zwischen Marken und Unternehmenskennzeichen. Unternehmenskennzeichen sind nicht eingetragene Rechte, die durch Benutzung in Deutschland erworben werden. Da die bloße Benutzung eines Unternehmenskennzeichens in Deutschland ausreicht, um ein solches Recht zu begründen, können ausländische Unternehmen, die unter ihrer Firma in Deutschland tatsächlich tätig sind, ohne weiteres Unternehmenskennzeichenrechte durch Benutzung erwerben. Die zugrundeliegenden Bestimmungen zur Regelung der Verwechslungsgefahr zwischen Unternehmenskennzeichen ähneln im Allgemeinen denjenigen für Marken. Allerdings werden nicht die Waren und Dienstleistungen, sondern die Branchen, in denen die Unternehmen tätig sind, miteinander verglichen. Dies kann eine größere Flexibilität bei der Feststellung einer Verletzung des Unternehmenskennzeichenrechtes bieten als bei der Verletzung einer Marke. Der Inhaber eines Unternehmenskennzeichenrechts muss auch keinen umfassenden Benutzungsnachweis erbringen, wie es bei Marken der Fall sein kann.

    Obwohl es sich um unterschiedliche Rechte handelt, gibt es viele Berührungspunkte zwischen Unternehmenskennzeichen und Marken. Auch wenn die ausschließliche Verwendung eines Zeichens als Unternehmenskennzeichen niemals eine ältere Marke verletzt, kann es zu Konstellationen kommen, in denen ein Unternehmenskennzeichen gleichzeitig als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verwendet wird und eine Marke verletzen kann.

    Dagegen kann die Benutzung einer Marke in den meisten Fällen ein älteres identisches oder ähnliches Unternehmenskennzeichen verletzen.


  5. Werktitelrechte

    Ein Werktitelrecht schützt in Deutschland den Titel eines Werkes und dient in den meisten Fällen nur dazu, ein Werk von einem anderen Werk zu unterscheiden. Werke sind z.B. Filme, Bücher und Lieder, aber auch Software einschließlich Computerspielsoftware. Werktitelrechte sind nicht eingetragene Rechte, die erst mit Benutzungsaufnahme des Titels entstehen. Es ist aber möglich, den Titel in bestimmten Journalen zu veröffentlichen, um ein früheres Prioritätsdatum zu sichern. Die Kosten für eine solche Veröffentlichung sind nicht hoch.

    Die Benutzung eines Zeichens ausschließlich als Marke kann kein  älteres Werktitelrecht verletzen, da die Funktionen beider Rechte unterschiedlich sind.

    Umgekehrt verletzt die Benutzung eines Zeichens einzig als Titel eine ältere Marke nicht. Die Benutzung eines Buchtitels stellt daher nicht automatisch eine Verletzung einer identischen Marke für Bücher dar. Es gibt jedoch Ausnahmen, und insbesondere in Fällen, in denen ein Titel für eine Reihe von Werken verwendet wird, wie z.B. ein Zeitungstitel, kann die Benutzung eines Titels eine Marke verletzen, weshalb man bei der Verwendung eines Titels vorsichtig sein sollte.

    Wir können Ihnen in allen oben genannten Fragen wertvolle Unterstützung bieten und stehen Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügun


 

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Urs Ferber Circle Author

 

Urs Ferber

Urs hat Erfahrung mit dem Entwurf von Patenten und deren Verfolgung vor dem Europäischen Patentamt und dem Deutschen Patent- und Markenamt, hauptsächlich im Bereich Engineering und des Medizintechnologie-Sektors. Er vertritt regelmäßig Mandanten in Einspruchs- und Beschwerdeverfahren vor dem Europäischen Patentamt und dem Deutschen Patent- und Markenamt. Urs hat ein besonderes Interesse an Optik und Mikroskopie.

Email: urs.ferber@mewburn.com